3 Monate in der norwegischen Arktis – kurzer Rückblick

Eigentlich sollten hier auf dem foodblog jetzt die leckeren Arktis-Rezepte stehen…..aber ehrlich: Fisch war nicht nur „schweine“-teuer und ich hatte 2. auch keine Küche für mich alleine und 3. waren die norwegischen Spezialitäten im Großen und Ganzen nicht so der Brüller.
Natürlich hatte ich mich vorher schlau gemacht, was es so alles gibt, und wollte zuallererst „Krummekaker“ probieren, die tütenförmig eingerollten Waffeln, mit Sahne gefüllt, aber leider war die Saison schon zu Ende. So fiel die erste Wahl auf Brunost, den karamellig süßen, braunen Käse.

Er schmeckt gut zu frischen Waffeln mit roter Marmelade oder auch mal zu Weintrauben oder aufs Knäckebrot. So als normaler Dauerkäse ist er eher weniger geeignet. Apropos Brot: richtiges Brot findet man kaum, schon gar nicht die Auswahl wie in Deutschland (nicht umsonst ist das Deutsche Brot mit über 3000 Sorten Weltkulturerbe), meistens ist es abgepackt im Supermarkt. Lecker war die Moltebeerenmarmelade, für die man aufgrund der Seltenheit der Moltebeeren auch doppelt so viel zahlt wie für andere Marmelade. Das zweite Highlight waren die Rentierbratwürste, die bei den Fjord-und Nordlichttouren vom Gästehaus am Lagerfeuer gebrutzelt wurden: mega!

Aber Rentiere gibt´s nicht unbegrenzt, daher haben auch die Würstchen mit 6-8 Euro pro Stück ihren Preis. Auch das Rentiergeschnetzelte haben wir uns nicht oft geleistet. Elch hatte ich schon mal in Finnland probiert, muss jetzt nicht sein…. Trockenwurst von Rentier mit Schwein gemischt ist okay. Trockenfisch habe ich nicht probiert, schon der Geruch hat mich abgehalten. Gäste in unserem Gästehaus hatten das eine oder andere Mal eine Tüte probiert und fast voll liegen gelassen. Zumindest die Katzen haben sich gefreut. Das norwegische Bier schmeckt prima: der Erfinder der Mack-Brauerei war ja auch ein Deutscher aus Braunschweig, der fromme Bäcker Ludwig Mack, der sich mit Hefe schon auskannte. Er wollte 1869 den Hafenarbeitern von Tromsö den Schnaps abgewöhnen. Ob er das geschafft hat, weiß man nicht, aber die Brauerei gibt´s bis heute und das Bier ist wirklich gut.

Wichtig in der Arktis ist, dass man sich mit Vitamin D und viel Obst über die 6 Monate Winter (mit ca. 2 Sonnentagen pro Monat) puscht. Als ich am 11. Januar ankam, lag noch die Polarnacht über Stadt und Bergen, die zwar nicht stockfinster ist, aber in etwa so wie bei uns gegen 16h im Winter. Da man – so man nicht enthusiastischer Wintersportler ist – eher wenig Bock auf „Bewegung an der frischen Luft“ hat, zumal man ohne Spikes an den Schuhen nirgends wohin gehen kann außer in die Tromsöer Fußgängerzone mit Bodenheizung, ist ein wenig Yoga zu Hause oder der Besuch eines Fitnessstudios ratsam. Die Norweger sind ja hart im Nehmen und fahren auch bei dick verschneiten und selbst bei vereisten Straßen (es wird kein Salz gestreut, nur Steinchen) mit dem Fahrrad. Manche supercoolen Pubertiere (männlich) gehen auch bei minus 4° mit kurzärmeligen Tshirt und Sneakers.

Die Freizeitgestaltung – wenn man nicht zu den wirklich reichen Norwegern gehört – beschränkt sich auf einen samstäglichen Besuch in der Shoppingmall Jekta, wo alles – von Supermarkt bis zum Café – unter einem Dach ist. Die gelegentlichen Museumsbesuche waren eher eine Enttäuschung: von der ganzen Aufmachung eher im Stil der 1950er bis 1970er Jahre gehalten, mit vielen langen Texttafeln auf Englisch. So waren im Polaris die Videoaufnahmen vom Nordlicht und im Polarmuseum die ausgestopften Tiere am interessantesten. Im Trollmuseum gab es zumindest eine interaktive Attraktion: man konnte sich selbst als Troll sehen (und ein Selfie machen).

Die meisten Menschen kommen wegen des Nordlichts nach Tromsö. Ich hatte das Glück, einen freien Platz in der vom Gästehaus organisierten Touren kostenlos zu ergattern. In der Regel kosten die Touren zwischen 120 und 200 Euro, je nachdem, wie groß oder klein die Gruppen/Busse sind. Nordlicht ist die Cashcow von Tromsö, es gibt mehr als 200 Anbieter von Nordlichttouren und die ganze Werbung ist darauf ausgerichtet. Und auf dieser Werbung sehen die Polarlichter fantastisch kräftig, sogar manchmal bunt aus. Als Orientaffiner Arktisanfänger hatte ich keine Ahnung, dass die Kamera mehr sieht als das menschliche Auge wahrnehmen kann. So war ich leicht enttäuscht über den grünen Nebel. Man fährt in der Regel in Gegenden mit wenig Lichtverschmutzung, manchmal sogar über die finnische Grenze. Bei unserem ersten Halt (minus 17°) war es kaum zu sehen, zum Glück; wir fuhren an eine andere Stelle, wo wir dann bei minus° 8 am Lagerfeuer ausharrten, Rentierwürstchen grillten und auf die nächste Aurora warteten, während wir versuchten, die Füße warm zu halten. Es gibt eine App, die die magnetischen Strömungen misst und von daher weiß man, wann es voraussichtlich die nächste Sichtung gibt. Insgesamt waren wir 7 Stunden unterwegs und nach 7 Stunden mit Eis-Zehen und ohne Klo ist einem selbst das beste Nordlicht relativ. Wochen später konnte ich Nordlicht über der Stadt (trotz Lichter) vom warmen Wohnzimmer aus sehen. So wars doch noch viel besser.

Ich hätte gerne noch ein paar Touren gemacht, zum Beispiel eine Huskyschlittentour (1 Stunde 180 Euro) oder eine Rentierfarm besuchen (40 Euro Rentiere füttern plus 1 Cola, 90 Euro Rentiere füttern plus 1 Essen und die Geschichte der Sami), oder mit dem Lift auf den Berg für die Aussicht über Tromsö und die Fjorde (50 Euro pro Person)……aber die Entscheidung fiel dann zugunsten einiger Einkäufe für Tunesien.
Schließlich war ich ja zum Arbeiten gekommen, und nicht zum Urlaub machen.
Eine Tour hab ich mir aber doch noch geleistet: Eisfischen am Ramsfjord! Ganz wie in dem Comicheft aus meiner Kindheit „Petzi am Nordpol“. Es war toll, gut organisiert und zwischendurch gabs heißen Kaffee (und ein Klo, was alle sehr zu schätzen wussten!). Zum krönenden Abschluss bereiteten wir den frisch gefangenen Kabeljau in der gemütlichen Grillhütte zu.

Privat haben wir aber noch einige tolle Ausflüge gemacht, sofern das Wetter und die wenigen arbeitsfreien Tage es zuließen: nach Sommaröy oder an den Ersfjord oder Kaffeetrinken auf einem der berühmten Postschiffe, der Hurtigruten. Äh, ja: und so es die Öffnungszeiten der Cafés zuließen: Die haben Samstags meist nur bis 16h geöffnet und Sonntags geschlossen, was suboptimal ist, wenn man in der Regel bis mindestens 15h arbeitet und nur Sonntags frei hat :P. Tja, die Norweger haben es nicht nötig und sind, insgesamt gesehen, eher das Gegenteil von schwäbisch.


Mein Fazit: eine interessante Erfahrung, die ich auf keinen Fall missen möchte, aber in dieser Form auch nicht nochmal machen wollte. Der Blick auf den Tromsö Sund war von dem Gästehaus, in dem ich gejobbt habe, fantastisch, die Berge, das Meer: einfach wow! Nach einem Monat gewöhnt man sich dran, nach zwei Monaten nervt das ewige schwarz-weiß. Keine Sonne, kein Grün, immer nur Schnee, trüb, Wolken, schwarze kahle Bäume.
Die Kälte ist nicht das Problem, es wird nicht wirklich kalt, meist ist es um die minus 3° bis minus 6°. Die Luftfeuchtigkeit liegt allerdings bei 80-90% und hat mir am Anfang echt zu schaffen gemacht: ich hatte viel zu warme Klamotten dabei und mich erstmal mit kurzärmeligen Tshirts eingedeckt. Die Norweger zahlen sehr wenig für Strom und haben einen entsprechend hohen Verbrauch: Licht brennt Tag und Nacht, elektrische Heizungen sorgen für tunesische Wärme in norwegischen Häusern. Ich hab dort am Anfang mehr geschwitzt, als ich jetzt bei knapp 30° in Tunesien schwitze.
Gegen Anfang April, dem Ende meines Aufenthaltes, waren wir der Mitternachtssonne (Midnatsol) schon ziemlich nahegerückt: Abends war es bis nach 22h, morgens wurde es bereits vor 4h hell.
Und um zum Abschluss nochmal auf die norwegische Kulinarik zurück zu kommen: kurz vor der Abreise hat mein Sohn noch zwei Portionen Königskrabben geschenkt bekommen, die wir dann gemeinsam gekocht und verspeist haben. Da es sich um eine invasive Art handelt, braucht man da kein schlechtes Gewissen haben 😉
Sehr lecker!

2 Gedanken zu „3 Monate in der norwegischen Arktis – kurzer Rückblick

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