Auf dem Foto unten ist mein im Dezember frisch gepflanzter Maulbeerbaum zu sehen. Ich hab ihn aus Deutschland mitgebracht und er steht in Amrah, wo auch die Olivenhaine, Mandelbäume und Pistazien wachsen.
Wasser ist grad ein Thema hier. Bisher war es so, dass im Hochsommer etwa zwei Stunden am Tag das Wasser abgedreht war, meist am frühen Vormittag und manchmal nochmal am Nachmittag. Regnet es jedoch, was es letzten Sommer 2-4 x pro Woche tat, läuft das Wasser durchgehend.
Jetzt aber fing es letzte Woche an, dass vier Tage am Stück kein Wasser lief. Am dritten Tag dann nur nachts zum Vorratsbehälter auffüllen. Dann lief es wieder einen Tag. Jetzt haben wir schon wieder Tag drei und nur nachts kann man auffüllen. Sofern man einen Wasserhahn hat. Den haben wir aber noch nicht, zumindest nicht angeschlossen. Oder richtiger: angeschlossen ist er, aber der zuständige Beamte von der Stadtverwaltung, der die Wasseruhren zuteilt und für die Anmeldung zuständig ist, war schon zum dritten Mal nicht anzutreffen…..Das Problem ist weniger das Zähneputzen, Gesichtwaschen oder Teekochen, sondern die Toilettenspülung und das Geschirrspülen. Ersteres kann man ja noch mit gekauften Flaschenwasser erledigen. Aber dann wirds teuer, wenn die nachts aufgefüllten Container (Wecker stellen nicht vergessen!) irgendwann leer sind.
Nach acht Tagen Katzenwäsche hatte auch ich – obwohl Wüstenerprobt und ägyptische Verhältnisse gewohnt – das dringende Bedürfnis nach Haare waschen und einer Warmwasserreinigung. Da Eya den ganzen Tag Schule hatte, verschoben wir den Besuch des Dampfbades noch um einen weiteren Tag. Aber dann. Plastikeimer, Gießgefäße (meist große 500 g Joghurtbecher), einen Schrubbstein für die Füße, einen Schrubbhandschuh für den Körper, meine afrikanische schwarze Seife, Shampo, Handtuch, Badeschlappen. So ausgerüstet ging es einige Türen weiter ins nächstgelegene Hamam. Aber, oh, Schreck, es war voll mit Besucherinnen und das Wasser lief auch hier nur schwach. Die Badeaufseherin schickte uns nach Hause: in einer Stunde könnten wir es nochmal versuchen. Aber auch nach einer Stunde – meine Haarfarbe die eigentlich nur 30 Minuten einwirken muß – war schon halb eingetrocknet – war(en) es nicht mehr Wasser und weniger Frauen geworden. Da der Wassermangel derzeit die ganze Stadt, oder wie es heißt, sogar ganz Tunesien betrifft, ist das Hamam in diesen Tagen ein stark nachgefragter Ort. Angeblich werden in Tunesien grade alle Wasserpumpen überholt…wers glaubt. Keiner weiß es wirklich und es ändert ja auch nichts. Unten in der Stadt läuft es längst wieder, wenn wir noch keines haben….Deshalb ist die nächste Anschaffung auch ein 1000 l-Behälter auf dem Dach. Der läuft dann zwar nicht durch den Heißwasserboiler, aber für alles übrige ist dann Wasser da.
Da ich die Haarfarbe ja wie gesagt schon auf dem Kopf hatte, konnten wir nicht nochmal verschieben und haben dann 4, 5 weitere Hamams in der näheren Umgebung per Auto abgeklappert. Überall diesselbe Auskunft: Viel los und wenig Wasser. Beim „Hamam Hakim“ klappte es endlich, obwohl auch da viele Frauen mit ihren Kindern zugegen waren und das Wasser nur mit mäßigem Druck aus der Leitung kam.
Eine Stunde Zeit hat man uns zugestanden. Dann war Wechsel: morgens und abends ist Männer-Hamam, am späten Vormittag und frühen Nachmittag gehen in der Regel die Frauen.
Aus der Sammelumkleide, dem ersten Raum, in den man kommt, geht es mit den Eimern und sonstigen Badeutensilien in einen Dampfraum, von dort in den nächsten, noch wärmeren. In einem der Räume sind die Wasserhähne und davor stehen die ganzen bunten Plastikkübel mit ihren Besitzerinnen, die eifersüchtig darüber wachen, dass sich keine vordrängelt. In der feuchtwarmen Luft weicht die Haut recht schnell auf und läßt sich mit den mitgebrachten Schrubbhandschuhen röllchenweise abrubbeln. Anstatt selber zu schrubben kann man sich auch für umgerechnet 70 Cent schrubben lassen (khohh). In unserem Stamm-Hamam heißt die Harza (die Frau, die andere schrubbt) Aisha und ist gut über 70, soweit ich das vom Körperbau her beurteilen kann. Stundenlang steht sie im heißen Dampf, der mich schon nach einer Stunde müde macht. Doch auch wenn man die 5. oder 6. Frau an der Reihe ist, ist ihr kein Schwächeln anzumerken. Im Gegenteil, man kann froh sein, wenn hinterher noch Haut dran ist. Zur Reinigung von Po und Schambereich gibt es Kabinen! Denn die Unterhose oder eine mitgebrachte Bikinihose wird anbehalten. Die Geschlechtsorgane sind hier so tabuisiert, auch unter Mitgliedern desselben Geschlechts, das man sich als Europäer/in und passionierter Saunagänger nur wundern kann. Neben dem Geschrubbe wird Miswäk gekaut. Ein Stück Rinde vom sogenannten Zahnbürstenstrauch. Schmeckt scharf und bitter, färbt Zunge und Zahnfleisch dunkelrot und die Zähne weiß, d.h. reinigt sie wirklich hervorragend, insbesondere Teeverfärbungen. Ich habe selten so tadellos blütenweiße und schöne Zähne gesehen wie hier. Natürlich nicht von allen, es gibt auch das Gegenteil: schwarzbraune Zähne schon in jungen Jahren und manch ältere haben nur noch schwarze Stummel um Mund. Es ist auch hier eine Bildungsfrage. Denn hier ist auch in den normalen Supermarkt-Zahnpasten „Blancheur“ enthalten, Bleichmittel. Das ist vielleicht nicht so gut für den Zahnschmelz, aber es vertreibt zuverlässig Verfärbungen. (Rotwein brauch ich jetzt nicht erwähnen, den gibts nur in Spezialläden und Frauen trinken hier keinen Alkohol….Männer offiziell natürlich auch nicht. In den Spezialläden findet man aber jede Menge davon. Männer meine ich. Nur ich darf da nicht rein……also gesetzlich schon, kann einem keine verbieten, aber der Ruf …..!!!! ohGottohGott, wenn das jemand sieht!).
Mein erster Hamambesuch war in Istanbul mit meiner damals 4jährigen Tochter. Ich sah nur nackte Frauen und war es selber natürlich aus. Die Frauen dachten, so sagten sie mir danach: endlich eine echte Türkin, mit Kind. Zu ihrer Enttäuschung war ich trotz schwarzer Haare auch nur Touristin wie alle anderen in dem wunderschönen Badehaus. Echte Türkinnen wären nicht komplett nackt daher gekommen.
Hamams zu besuchen ist dann wirklich eine Leidenschaft von mir geworden: ich war in einfachen Hamams in Anatolien und Marokko und in wunderschönen in Syrien (Damaskus und Aleppo), wo Frauen den ganzen Tag darin verbrachten und vorbereitetes Essen und Trommeln dabeihatten und im nassen Unterrock tanzten. Die kuriostesten beiden Hamams waren die in Usbekistan: eines (in Buchara) riesig, aber ziemlich zerfallen, mit einem ungesichertem offenen Ofen und eines (in Chiwa) winzig und ganz aus Holz. Da erinnere ich mich vor allem an die ungehobelten Bretter, die das Ganze etwas ungemütlich machten. Ihren Zweck haben sie letztlich alle erfüllt, obwohl es sich in schön gekachelter Umgebung natürlich besser entspannt.
Das warme Wasser im „Hakim Hamam“ reichte gerade aus, um das Shampo aus den Haaren zu spülen und die letzten Hautröllchen abzuwaschen. Wir zogen uns um und bezahlten. Umgerechnet knapp 1 Euro kostet der Eintritt. Normalerweise kann man solange bleiben wie man will bzw. bis die Badezeit für Frauen zu Ende ist.
Dann schlenderten wir zurück. Mit unseren bunten Eimern war weithin sichtbar, dass da zwei Frauen gerade vom Hamam kamen oder in eines gingen.
Dummerweise hatten wir die „schlecker“ (ägyptisch: shipship) angelassen, die Haus-Pantoffeln, denn urspünglich wollten wir ja gleich nach nebenan gehen. Und meine geliehenen waren zwei Nummern zu klein, was das Gehen auf dem sandigen unebenen Boden ziemlich erschwerte. Die eigentliche Entspannung kam jetzt: im Hof in der warmen frühlingshaften Nachmittagssonne bei einer Tasse Kaffee die Haare an der Luft trocknen lassen und lesen.