Kleidervorschriften gibt es überall. Und – sie ähneln sich überall und sind nicht auf islamische Länder beschränkt.
Mit Kleidung, Kopfbedeckungen, Farben, Materialien und Schmuck werden Stände, Stämme, das Geschlecht eines Kindes, Nationen, Sportmannschaften, Berufe, politische Einstellungen und vieles mehr öffentlich gemacht und eben auch religiöse do´s and dont´s aufgezeigt.
Man darf weder einen buddhistischen Tempel, eine christliche Kirche, eine jüdische Synagoge noch eine islamische Moschee mit kurzen Hosen, tiefem Dekolleté oder Schulterfreiem Oberteil betreten, Männer wie Frauen. Es gibt nur geringfügige Unterschiede. Allerdings: Überall sind die Vorschriften für Frauen strenger!
So wurde ich persönlich in der 1990er Jahren nicht in den Petersdom in Rom eingelassen, weil ich ein zwar sehr seriöses, knielanges, hochgeschlossenes, aber ärmelloses Kleid trug. Der Tourist hinter mir, mit geschmacklosen Hawaihemd und kurzen Hosen, die knapp übers Knie reichten, durfte rein.
Bleiben wir bei der Religion, denn um die geht es vorrangig.
In der katholischen Kirche tragen Männer keine Kopfbedeckung, während Frauen eine tragen sollen. Bedeckte Arme und Beine waren früher selbstverständlich. Frauen mussten Röcke tragen, es gab nichts anderes.
In der Synagoge tragen Männer immer eine Kippa, und Frauen verstecken ihre Haare unter einem Kopftuch. Die restliche Kleidung ist hautbedeckend und die Frauen tragen einen Rock.
In die Moschee geht man ohne Schuhe und beten die Männer barhäuptig oder mit einer Takke, einer Gebetskappe, die einer Kippa ähnelt. Frauen gehen mit Kopftuch oder Ganzkörperverhüllung, ebenfalls nicht in Hosen.
Der Grund ist überall derselbe. Langes Frauenhaar wirkt ebenso wie sichtbare Körperkonturen attraktiv und aufreizend auf Männer. Diese Ablenkung soll vor allem beim Beten vermieden werden. Deshalb sitzen Frauen in der Synagoge wie in der Moschee hinter den Männern, in der katholischen Kirche sitzen die Frauen links und die Männer rechts.
1 Timotheus 2:9 So will ich nun, dass die Männer an jedem Ort beten, indem sie heilige Hände aufheben ohne Zorn und Zweifel; ebenso, dass die Frauen in sittsamem Gewande mit Schamhaftigkeit und Zucht sich schmücken, nicht mit Haarflechten oder Gold oder Perlen oder kostbarer Kleidung, sondern, wie es sich für Frauen geziemt, welche sich zur Gottesfurcht bekennen, durch gute Werke. (Schlachter 1951)
Jahrhundertelang gab es in Orient und Okzident aufwändige und detaillierte Kleidervorschriften für alle Personen und Stände. Personen mit niedrigem Status war es verboten, Kleidung von sozial höherstehenden anzuziehen. Bereits im Mittelalter gab es Vorschriften, die bestimmte Personengruppen „outeten“ und offen diskriminierten. So der gelbe Ring in „Deutschland“ und bei den Muslimen der gelbe Turban für Juden. Prostituierte in „Deutschland“ mussten sich mit einer roten Mütze und einem gelben Saumband am Rock kennzeichnen. Je nach Glaubenseifer der aktuellen Gesetzgeber wurden Vorschriften verschärft oder gelockert. In Speyer und Straßburg durften Frauen ab dem Jahr 1356 ihr langes Haar nicht offen tragen, 1370 folgte ein Verbot von Unterwäsche, welche die Brüste anhob.
Wer glaubt, dass islamische Kleidervorschriften hoffnungslos aus der Zeit gefallen sind, der sei daran erinnert, ab wann europäische Frauen Hosen anziehen durften! Noch in den 1970er Jahren wurde selbst prominenten Damen der Zutritt in den Edelhotels von London, Berlin oder New York erwehrt, auch wenn der Hosenanzug noch so elegant war.
Die Hosen hatten überhaupt einen jahrhundertelangen Kampf hinter sich. Von den Griechen und Römern wurden sie auch für Männer abgelehnt, viel später waren sie dann das männliche Statussymbol. Für Frauen beschleunigte sich der Tabubruch durch die beiden Weltkriege, denn jedes Mal wurden sie in männliche Arbeiterkleidung gesteckt, um die bisherige Arbeit der Männer zu übernehmen. Dennoch herrschte auch nach 1945 Rockzwang, dem nur extravagante Künstlerinnen wie Marlene Dietrich entkamen.
Hier sollte ein Foto von Marlene Dietrich sein, ca. 1930 in Paris: Androhung der Verhaftung wg. öffentlichen Tragen von Männerkleidung. Obwohl von Wikipedia und somit „gemeinfrei“, werden die Fotos ständig selbstständig entfernt.
Mädchen mussten – mit gelegentlichen Ausnahmen im Winter- mit Rock in die Schule gehen, auch ich noch. Das hieß vor allem: mehr aufgeschrammte Knie als die Jungs, denn vom wilden Toben hielt mich das nicht ab. Auch wenn wir nachmittags im Wald „Räuber und Schande“ (Gendarm) spielten, waren meine Beine schlimm verkratzt, weil ich als einzige im Rock spielen musste – aber ich war ja schon froh, dass ich überhaupt aus dem Haus durfte. Meine erste Hose bekam ich nach langen Kämpfen mit 13 Jahren: allerdings mussten dafür die Haare ab. Denn ich war Kinderfotomodell für verschiedene Modefirmen und die wollten mich immer mit kurzen Haaren. Ich wollte lange Haare und eine Hose. Beides ging nicht, so opferte ich die Haare, denn die wachsen nach.
Fast überall gelten Regeln zu dem, was sich schickt und was nicht. Vor allem öffentliche Personen, seien es Abgeordnete oder Nachrichtensprecher, können nirgendwo anziehen, was sie grade wollen. Von den extrem rigiden Staaten wie Saudi-Arabien oder Afghanistan einmal abgesehen, kann man in den meisten islamischen Ländern relativ „normal“ außer Haus gehen. Selbst im Straßenbild im konservativen Südtunesien sieht man zahlreiche junge Mädchen mit engen Leggings und Sneakers, offenen Haaren, Ohrspeakern, Baseball-Kappe und langen Fingernägeln. Im marokkanischen Marrakesch sah ich sehr viele junge Frauen mit Lederjacke, wehenden Haaren und Sonnenbrille auf ihrer Vespa durch die Gassen brausen. Gleichzeitig konnte man beobachten, wie bärtige Familienväter mit der Ganzkörperverhüllten Ehefrau und zwei Kindern auf dem Moped zum Straßenrestaurant fuhren, um dort ihr Abendessen einzunehmen. Die Verhüllte musste für jeden Bissen ihren Gesichtsschleier etwas anheben. Die islamischen Länder befinden sich im Umbruch und so existiert beides nebeneinander.
Was die Bademode anbelangt, so stellte sich diese Frage in der Zeit des Propheten Mohamed nicht, denn der Islam entstand bekanntlich im arabischen Mekka und Medina, wo es auch damals schon mehr Sand als Wasser gab. Doch der Spaß, im Sommer draußen baden zu gehen, war auch anderswo Kindern aus den unteren Gesellschaftsschichten vorbehalten. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts badete man in Badehäusern in Zubern und Wannen, wozu keine Badebekleidung nötig war. Ende des 19. Jahrhunderts entstanden in Deutschland die ersten Badeanstalten und damit auch die ersten Badeanzüge für Damen, die man eigentlich noch nicht als solche bezeichnen kann. (Foto von Frau im Badekleid, 1858, siehe Wikipedia)
Erst nach der Verhaftung von Annette Kellermann 1907 wegen ihres unzüchtigen, enganliegenden Schwimmkostüms und ihres Freispruches vor Gericht wurde die Bademode für Frauen insgesamt praktischer. (Foto von Annette Kellerman im „gewagten“ Schwimmdress, siehe Wiki) Um diese Zeit wurde auch der zweiteilige Badeanzug entworfen, mit dem man allerdings direkt am Strand verhaftet werden konnte, wegen zu viel nackter Haut. Doch der Trend ging eindeutig von „vornehmer“ Blässe zu „gesunder“ Bräune. Allerdings, den Bikini (genannt nach dem Bikini-Atoll) gab es schon zu Römerzeiten. Auf Sizilien findet man eine sehr gut erhaltene Szene mit römischen Bikini-Damen auf alten Mosaiken. (Foto von Römerinnen im Bikini, Villa Romana, um 350 n.C., Sizilien, siehe auch Titelfoto)
Anfang der 1980er Jahre badete ich mit türkischen Frauen in einem wunderbaren See mitten in der Türkei und damals dachte ich noch: „bestimmt haben die kein Geld für einen Badeanzug“, weil alle ihre langen Kleider anhatten. Anfang der 2000er ging ich im Bikini den vollbesetzten Strand von Alexandria in Ägypten entlang, um zu den Duschen zu gelangen und danach wollte ich nie wieder unter Muslimen im Bikini auftreten: ein feuerrotes Kugelauto hätte nicht schlimmer begafft werden können.
Einige Jahre später hatten wir am Strand von El Arisch, nahe der israelischen Grenze ein Strandhaus gemietet und ich ging mit langem Kleid ins Wasser, und auch nur, wenn grade sonst niemand im Wasser war. Doch was immer ich versuchte, die badenden Jugendlichen umkreisten mich wie Haie, hielten sich in 5 Meter Abstand und tauchten ständig, was mich unendlich nervte. Die einzige Möglichkeit, ihnen zu entkommen, war es, weit ins Meer hinaus zu schwimmen, denn das trauten sie sich nicht.
„Was wollen die? Was erwarten sie zu sehen, unter Wasser, im Dunkeln, ich mit Kleid und Radlerhose?“ fragte ich meinen Mann. Es ist diese Bewegung der Oberschenkel, die sich beim Schwimmen öffnen und schließen, die ihre Fantasy anregt……Ohje, armes Deutschland resp. arme Muslime!
Im Übrigen gilt bei den gläubigen Juden genau dasselbe wie bei den Muslimen: keine nackte Haut, nicht enganliegend. Und auch hier gibt es spezielle Bademode mit inzwischen eigenen Modelabels wie Csuta, HydroChic oder Aqua Modesta. Während es von HydroChic ein gemischtes Angebot gibt, auch mit Schwimmkleidern, die kniefrei sind und somit für orthodoxe Jüdinnen untragbar, produziert Aqua Modesta strikt religionskonform.
Und wer sagt, dass derartiges bei uns, den Christen, nicht mehr existiert? Nicht nur die „Amischen“ in den USA (Amish people) bewahren Ur-alt-Traditionen, darunter Kleidervorschriften wie Häubchen für Frauen und Hosenträger für Männer, sondern auch aktuell in Deutschland lebende Christen.
Unter der website ……..sittsame-kleidung.de findet man maßgeschneiderte Schwimmröcke und Oberteile und folgenden einleitenden Text, der direkt aus einem islamischen Lehrbuch stammen könnte:
≫Gott hat alle Sexualität für die Ehe geschaffen. Sexualität außerhalb der Ehe bezeichnet Paulus als „Werke des Fleisches“, die nicht aus Gott sind .
Daher achten wir als Mann und Frau darauf, dass wir alles für unseren Ehepartner bewahren. Daher möchten wir der Sexualität allein in unserer Ehe großen Raum geben. Alle anderen Menschen sollen daran keinen Anteil haben, so wie es Gottes Heiligkeit entspricht. Dazu gehört unser ganzer Umgang mit dem anderen Geschlecht. Wir achten darauf, dass wir ausschließlich mit unserem Ehepartner flirten. Unsere Bewegungen und was wir mit unserem Körper machen ist darauf ausgerichtet, niemanden anzuziehen und keine Blicke auf uns zu ziehen. Und schließlich kleiden wir uns so, dass der Körper angemessen verhüllt wird. Sexualität und Attraktivität sollen nicht zur Schau gestellt werden. Sie sollen allein für den Ehepartner zugänglich sein.
Okay, schauen wir uns das mal ganz pragmatisch an: bei sommerlichen UV-Werten von durchschnittlich 8-10 in Tunesien (sogar in Deutschland 7-8 im Hochsommer), im Hochgebirge und je näher am Äquator desto höher, bis 11/12 und darüber, ist so ein Sonnenbrandschutz nicht zu verachten. Auch die Haare leiden unter Sonner und Salzwasser. UV-Schutz ist bereits ab Stärke 3 nötig Und ab einer gewissen Gewichts- und Altersgrenze – ich schließe mich da nicht aus 😉 – sind Radlerhosen mit einem Oberkörper bedeckenden Top vielleicht sogar modisch vorteilhafter als nur ein Tankini 😉