Angekommen: aus dem Chaos in das Chaos

Hallo Ihr Lieben,

sicher warten einige schon etwas irritiert, dass ich so lange nichts hören lasse. Nun, grundsätzlich geht hier alles langsamer. Nicht, weil hier so langsam gearbeitet wird, sondern weil ich auf keine gewohnten Strukturen zurückgreifen kann. Auf meinem Computer wären alle Fotos und Zugangsdaten gespeichert. Nicht so auf dem Laptop. Französische Tastatur, das Login von WordPress nicht gespeichert, die Fotos aufm Handy und sie wollen partout nicht per Bluetooth hinüberwandern….
Aber von Anfang.

Der Start war schon denkwürdig. Am Donnerstag nach 16 Stunden Packen und Schleppen – es war bereits Mitternacht, fertig waren wir noch lange nicht – wollte ich wenigstens noch 2 Stunden schlafen, was definitiv zu wenig war. Um 3 h bin ich dann los und weil 10 Minuten später in Dietenheim vom vorabendlichen Faschingsumzug die Strassen noch gesperrt waren, mußte ich über den Bürgersteig ausweichen. Wenige Meter weiter am Illerkanal war dann der Reifen platt wie Pfannkuchen. Was war das? Ein Zeichen von Allah mit der dringenden Aufforderung, es mir nochmal zu überlegen?
Jedenfalls war der ADAC diesmal besser gelaunt als bei meinem Unfall im Januar. Hab ich überhaupt nen Ersatzreifen dabei? Das ließ sich nur durch komplettes Ausräumen des so wunderbar platzausnützend gepacktem Auto feststellen. Meine OP Nähte riefen vermutlich „Juhu, endlich wieder Arbeit“. Und zu allem Überfluss regnete es auch noch und ich befürchtete schon, die Umzugskartons könnten aufweichen und durchkrachen, wenn ich sie auf den nassen Boden stelle. Aber ich hatte ja auch Teppiche geladen…
Um 5 h gings endlich wirklich los. 20190301_073154

Der Schweizer Zoll war dann auch nochmal interessiert an meiner Ladung, aber ich kam mit dem Ausladen von 2 Kisten davon.
Die Strecke von Mailand / Bolognia bis Rom / Civitavecchia ist toll, sehr schön zu fahren.
Ich war allerdings mehr damit beschäftigt, mich wach zu halten. Das klappt am besten mit lautem Singen….if you come to San Francisco….Ruby Thuesday……universal Soldier…..Nights in white satin….rauf und runter.

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Der erste italienische Capucchino hinter der Grenze ist immer ein Hochgenuss. Selbst auf der Autobahnraststätte: nirgendwo schmeckt Kaffee besser als in Italien. Iss einfach so.
Da nützen die Lavazza Bohnen zu Hause auch nix.
Gegen 16 Uhr war ich dann ich Civitavecchia. Kein Vergleich zu Genua. 1. Man findet den Zugang zum Hafen, auch wenn die angegebene Adresse wie üblich nicht stimmt oder nicht zielführend ist. 2. Im Hafen selbst ist ausgeschildert 3. Die herumstehenden Wachen geben freundlich Auskunft, wenn auch nur auf italienisch. 4. Das Schiff fährt pünktlich ab, keine 3 oder 5 Stunden Verspätung. Wobei letzteres aber eher mit dem Betreiber zu tun hat. Diesmal bin ich mit Grandi Navi gefahren, die Verspätungslinie war von CTN, ein tunesisches Unternehmen.
Um 18 h war ich in meiner Kabine, hatte mir im Auto noch schnell alles Essbare zu Gemüte geführt und fiel augenblicklich in meine Koje. Außer mir noch eine Tunesierin im Nachbarbett. Nach 12 Stunden Schlaf und einer ausgiebigen Schminksession erkannte ich mich dann auch im Spiegel wieder.


Gegen 8 h legten wir in Palermo an, da stieg dann eine weitere Tunesierin zu. Ich hatte 4-Bett Frauenkabine gebucht.

Den Vormittag  verbrachte ich im überdachten Deckcafe bei Capuccino und Vanillekrapfen. Nun darf man nicht glauben, dass man auf einem Schiff, auf dem 98% alleinreisende Männer und nur wenige Familien sind, als Frau in Ruhe Kaffee trinken und lesen kann.

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Auf die zuvorkommendste und freundlichste Art wird man eingeladen, sich in der Kabine des Einladers „auszuruhen“. Na, soviel selbstlose „Ruhe“…..echte Ruhe hätte ich lieber im Cafe gehabt. Den Nachmittag hab ich dann dösend in meiner Kabine verbracht. Als ich meinen „Begleiter“ dann kurz vor der Ankunft in der Warteschlange wieder traf, hatte er immer noch nicht aufgegeben. Er bat mich tatsächlich um meine Telefonnummer……Ich bin da immer sprachlos vor Staunen: „ey, Freund (ya achi,  oh Bruder), du bist verheiratet, hast 2 Kinder, und was Du hier versuchst ist haraam, das weißt Du. Was ist das? Selbstbedienungsislam, wo für deine Frau was anderes gilt als für Dich?!“. Die gleiche Doppelmoral wie bei den Katholen, denk ich so: man kann alles machen, wenn man sich nicht erwischen läßt. „But you are so beautiful“ jammert er mich an…. Gegen 22.15 h legt das Schiff endlich an. 28 Stunden dauerte die Überfahrt. Kein Problem bei ruhiger See.

Der Zoll in Tunis ist diesmal nicht so gnädig mit mir. 2 Stunden dauert das Prozedere. Alles ausladen. ALLES. Mindestens zwei, meistens drei Beamte kontrollieren das Gepäck. Ist man Ausländer/in, gesellt sich meist ein dubioses Faktotum hinzu, das hilft, Papiere auszufüllen oder das Auto aus- und wieder einzuladen. Meines war einzahnig und verschrumpelt, roch nach allem außer nach frisch. Dafür war es umso beflissener und direkt enttäuscht dass ich meine Papiere schon ausgefüllt hatte. Diesmal hatte ich mir gleich auf dem Schiff Wifi gekauft, um dann nicht nur mit der Familie und Freundinnen zu chatten, sondern auch um mithilfe von google translation die Zoll- und Einreisepapiere, die in arabisch und französisch gehalten sind, auszufüllen.
Aber der unappetitliche Helfer hatte noch genug zu tun: Auto ausladen. Ich ließ ihn, wegen meiner frischen OP Nähte, gewähren. Der Zoll wollte dann in jede Schachtel gucken und für den Computer („ordinateur“) gabs dann 40 Euro Zoll zu zahlen. Dummerweise hatte ich keine kleinen Scheine mehr für mein Heinzelmännchen mit seinem braunen Zahnstummel. Nur einen 5 Euroschein, den ich ihm anbot. Was für eine Zumutung! Man könnte kaum erboster reagieren als dieser Gnom. Dazu muß man wissen: der Stundenlohn in Tunesien beträgt keine 5 Euro. 5 Euro verlangt ein tunesischer Fliesenleger für einen Quadratmeter Fliesenlegen. Eine Arbeiter auf dem Bau bekommt 10 Euro am Tag, der Chef vielleicht 20.

Zum Zoll bezahlen musste ich sowieso vorher zur Wechselstube gehen. Mein Helfer hängte sich an, auf Tuchfühlung, sein Oberarm an meinem Oberarm, auch am Schalter, ebenso den Weg zurück. Man hätte meinen können, wir seien unzertrennliche siamesische Zwillinge. In Anbetracht dessen, dass er ja den Zollbeamten etwas von seiner Beute abgeben musste, kaufte ich mich schließlich mit 25 Euro frei. Ließ er mich nun zufrieden? Weit gefehlt, es fehlte ja noch der Schlussstempel. Wieder ging ich mit meinem anhänglichen Begleiter durch die Hallen und zurück. Und er hielt ein zweites Mal Hand auf. Diesmal wurde ich lautstark sauer, schlug die Wagentüre zu und würdigte ihn keines Blickes mehr. Es war mittlerweile 00:15, als ich den Zoll verlassen konnte.

Draußen wurde ich erwartet, auch von zahlreichen Händlern, die einem durch das offene Wagenfenster gleich die Jasminsträußchen ins Auto legen (auch meine Kopfschmerztabletten, die ich dank des kompletten Entladens des Autos, gefunden hatte, wurden heiß erwartet. Normalerweise hätte ich ja nicht gewußt, in welcher Kiste sie stecken). Wir übernachteten im selben Hotel wie immer, nur wenige Minuten vom Zoll entfernt in La Goulette, direkt mit Blick auf Meer und Strand. Entspannung…..

 

Am Sonntag sind wir dann schon vor 8 h los, und waren gegen 15 h in Tozeur, mit zwei ausgiebigen Kaffeepausen. 20190303_112916-1

 

Hier ist immer noch Baustelle, kein Bad, kein Klo (nur nebenan), keine Küche (auch nur eine Möglichkeit zum Teemachen nebenan), aber mit Ausblick auf das, was es mal werden soll.

Aber erst mal Ankommen und vom wochenlangen Pack- und Räum- und Entsorgungsstress erholen und überhaupt runterkommen.

Weitere News dann in Kürze. Jetzt weiß ich ja, wie ich die Fotos vom Handy auf den Laptop kriege ohne bluetooth und ohne USB……

Ein Gedanke zu “Angekommen: aus dem Chaos in das Chaos

  1. Meret schreibt:

    Liebe Eva
    Wow, jetzt hast du es geschafft! Hab mit Spass und Anteilnahme deinen Bericht gelesen, danke dafür! Unfall? Operationsnähte? Was ist dir denn da noch passiert? Also grad langweilig ist dein Leben nicht! Ich bin fespannt aufs Weitere und hoffe sehr, dass nun das Zeitalter der Pneuplatten, Unfälle, aufdringlicher Einzahn-Don Juans und versagender Blutooths abgelöst wird durch eine rundum glückliche Zeit!
    Ich grüsse dich aus wundervollen Sprachferien allein in Gran Canaria, me gusta mucho aprender español y leer mucho en la playa y nada más!
    Saludos de Meret

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